Begründung:
Der Abwasserverband Holtemme hatte sich mit Ablauf des 31.12.2010 neu firmiert und führt die Bezeichnung Wasser- und Abwasserverband Holtemme-Bode (WAHB). Zum 1. Januar 2011 erfolgte die Eingliederung des Wasser- und Abwasserzweckverbandes „Oberharz“ in den Wasser- und Abwasserverband Holtemme-Bode. Die öffentliche Einrichtung im Bereich Holtemme einerseits und im Bereich Bode andererseits wurden jedoch weiter getrennt geführt. Daraus ergeben sich u. a. unterschiedliche Gebühren im Bereich Holtemme und im Bereich Bode für Schmutz- und Niederschlagswasser.
Der WAHB beabsichtigt nun, die Einrichtungen als eine einheitliche öffentliche Einrichtung zu führen und damit die Gebühren ab dem 01.01.2020 ebenfalls zu vereinheitlichen. Der Geschäftsführer des WAHB wirbt dafür, dass der Verband für das gesamte Gebiet einheitliche Gebühren erheben sollte. Bereits im Rahmen der Eingliederung des Wasser- und Abwasserzweckverbandes Oberharz habe es hierzu Überlegungen gegeben, die allerdings nicht weiterverfolgt wurden. Aufgrund der demografischen und geografischen Unterschiede zwischen den Gebührenbereichen Bode und Holtemme, geht in den nächsten Jahren die Gebührenschere stark auseinander.
Für die Änderung der Gebührensatzung ist ein Beschluss der Verbandsversammlung erforderlich. Wernigerode mit seinem Ortsteil Schierke (gehört zum Bereich Oberharz) hält für den Bereich der Abwasser- und Niederschlagswasserbeseitigung 10 von 20 Stimmen. Dabei können nach § 6 Absatz 5 der Verbandssatzung die Vertreter jeder Mitgliedsgemeinde ihre Stimme nur einheitlich abgeben.
In der nachfolgenden Tabelle sind die derzeitigen Gebühren und die möglichen Gebühren ab 01.01.2020 dargestellt:
| Schmutzwasser - zentrale Kläranlage | Niederschlagswasser je 10 m² |
| bisher | neu | bisher | neu |
| getrennt | vereinheitlicht | getrennt | getrennt | vereinheitlicht | getrennt |
Holtemme | 3,00 €/m³ | 2,98 €/m³ | 2,57 €/m³ | 8,76 €/m² | 7,71 €/m² | 5,54 €/m² |
Bode | 4,20 €/m³ | 4,85 €/m³ | 9,79 €/m² | 12,92€/m² |
Die Stadt Wernigerode einschließlich der Ortsteile, bis auf den Ortsteil Schierke, gehören zum Bereich Holtemme, insofern würden die Einwohner bei einer weiterhin getrennt bleibenden Gebühr eine Gebührensenkung erfahren (Variante 1 = -14% Schmutzwasser / -38% Niederschlagswasser). Demgegenüber werden sich die Einwohner im Bereich Bode aufgrund der dort vorherrschenden Gegebenheiten einer Gebührensteigerung gegenübersehen (Variante 1 = +15% Schmutzwasser / +31% Niederschlagswasser) und infolgedessen auch die Einwohner im Ortsteil Schierke.
Die eureos Steuerberatungsgesellschaft wurde durch den WAHB gutachterlich beauftragt, die Vereinheitlichung der Gebühren zu untersuchen (siehe anliegendes Schreiben vom 30.04.2020). Die wesentlichen Feststellungen daraus sind:
- Die wirtschaftlichen Erwägungen des WAHB sprechen für einheitliche Gebühren bzw. ein einheitliches Beitragsniveau.
- Weiter sei es juristisch gut vertretbar, die öffentlichen Einrichtungen rückwirkend zum 01.01.2020 zusammenzufassen. Allerdings gebe es eine Entscheidung des Verwaltungsgerichts Halle, das eine rückwirkende Änderung nur unter der Voraussetzung zulasse, dass die vorherige rechtswidrige Regelung ersetzt werde. Das sei hier nicht der Fall.
- Die Abwasserbeseitigungssatzung sowie die Abwasserbeseitigungsabgabensatzung werden in Teilen zu ändern sein.
Seitens der Stadt Wernigerode wurde u. a. der WAHB gebeten zu klären, wie sich die Gebühren über 2022 hinaus entwickeln werden, insbesondere welche Investitionen anstehen und wie sich diese auf die Gebührenkalkulation auswirken. Das Ergebnis der Anfrage liegt noch nicht vor und wird - soweit möglich - nachgereicht. Unabhängig davon sind die Wartungs- und Investitionskosten im Bereich Bode durch die geografischen Gegebenheiten ungleich höher als im Bereich Holtemme. Das bedeutet, dass sich einheitliche Gebühren im Wesentlichen im Bereich Bode gebührensenkend auswirken werden.
Eine Vergleichsrechnung zu den möglichen finanziellen Auswirkungen am Beispiel einer vierköpfigen Familie ist als Anlage beigefügt.
Das Anliegen des WAHB erscheint grundsätzlich nachvollziehbar, da er alle Kommunen in seinem Bereich im Gesamtkontext betrachten muss und dabei auch wirtschaftliche sowie solidarische Kriterien zu berücksichtigen sind. Gleichzeitig ist jedoch abzuwägen, inwieweit die damit verbundenen höheren Kosten für die Bürger der Stadt Wernigerode vertretbar sind.
Zudem gilt es zu bedenken, dass günstigere Gebühren für Schmutz- und Niederschlagswasser auch ein Standortfaktor bei der Ansiedlung von Gewerbebetrieben und Industrieunternehmen sein können.
Weiterhin ist aus Sicht der Stadt Wernigerode nicht gänzlich geklärt, ob eine rückwirkende Gebührenerhöhung ab 01.01.2020 im Bereich Bode, bzw. die nichtvorgenommene Gebührensenkung im Bereich Holtemme bei einem Verbleib der getrennten Gebührenbereiche rechtlich durchsetzbar ist.
Gaffert
Oberbürgermeister
Gesetzliche Grundlagen
§ 45 Abs. 2 Nr. 6 KVG
Anlagen:
1 - Schreiben vom 30.04.2020 der eureos Steuerberatungsgesellschaft GmbH
2 – Kalkulationsblatt WAHB
3 - Stellungnahme des WAHB vom 05.08.2020
4 - Vergleichsrechnung