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Beratungsfolge

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1. Der Stadtrat von Wernigerode beschließt, die bisher unwirksamen Vermögensverfügungen an Geschäftsanteilen der Fernwasserversorgung Elbaue Ostharz GmbH rückwirkend zu genehmigen und als Umsetzung des Rekommunalisierungsgedankens die Trinkwasserversorgung Magdeburg GmbH zu ermächtigen, die nach der Entscheidung des BVerwG der Gemeinde zustehenden Geschäftsanteile an der Fernwasserversorgung Elbaue Ostharz GmbH unmittelbar vom Bundesamt für zentrale Dienste und offene Vermögensfragen zu übernehmen bzw. übertragen zu bekommen.

 

2. Der Oberbürgermeister wird beauftragt und ermächtigt, eine entsprechende Erklärung, die als Anlage diesem Beschluss beigefügt ist, für die Gemeinde abzugeben und alle erforderlichen Schritte einzuleiten, damit die Trinkwasserversorgung Magdeburg GmbH die Geschäftsanteile unmittelbar von dem Bundesamt für zentrale Dienste und offene Vermögensfragen übernehmen kann.

             

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Finanzielle Auswirkungen:

Gesamtkosten der Maßnahme: keine

             

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Begründung:

Die Stadt Wernigerode, hier mit den Ortsteilen Benzingerode, Minsleben, Reddeber, Silstedt hat gegen das Bundesamt für zentrale Dienste und offene Vermögensfragen einen Anspruch auf Zuordnung und Übertragung von 1,648 Geschäftsanteilen an der Fernwasserversorgung Elbaue Ostharz GmbH (FEO).

Die Fernwasserversorgung Elbaue-Ostharz GmbH ist der größte Trinkwasserlieferant im mitteldeutschen Raum. Die Gesellschaft beliefert kommunale Versorger, örtliche Stadtwerke, Zweckverbände aber auch große Industriekunden mit Trinkwasser aus der Rappbodetalsperre im Harz sowie aus der Elbaue bei Torgau. Rund zwei Millionen Menschen in Sachsen-Anhalt, Sachsen und dem nordöstlichen Thüringen werden mit Wasser versorgt.

 

Der vorliegende Beschluss beinhaltet demgegenüber eine direkte Übernahme der betreffenden Geschäftsanteile durch die Trinkwasserversorgung Magdeburg GmbH (TWM). Ziel ist dabei, die Interessenvertretung der anspruchsberechtigten Gemeinden zu bündeln, die mit der Verwaltung der Anteile verbundenen Aufwendungen und Kosten zu minimieren sowie vor allem, die Grundlagen für solidarische Wasserpreise zu waren. Die für die Versorgung der anspruchsberechtigten Gemeinden zuständigen öffentlichen Trinkwasserversorger beziehen überwiegend Trinkwasser von der TWM und sind gleichzeitig deren Gesellschafter.

Die Stadt Wernigerode hat durch die Stadtwerke Wernigerode GmbH einen Anteil von 2,8 % an der Trinkwasserversorgung Magdeburg. Dadurch ist bei einer Übertragung der Anteile an die TWM eine Kontrolle im Sinne der kommunalen Trinkwasserversorgung sichergestellt.

Es ist nicht zu erwarten, dass den Gemeinden durch eine Bündelung der Anteile bei der TWM finanziellen Nachteile entstehen, da die FEO in der Vergangenheit keine Gewinne ausgeschüttet hat und dies auch für die Zukunft nicht absehbar bzw. nicht vorgesehen ist.

Insgesamt ist die Bündelung und direkte Übertragung der Anteile an die TWM gegenüber einer Übertragung an die Gemeinden somit von Vorteil.

Die heutige Rechtslage ist wie folgt entstanden:

Das Land Sachsen-Anhalt hat mit Zustimmung der Treuhandanstalt durch Vertrag vom 28. Juni 1994 Geschäftsanteile an der FEO (über die Fernwasser Halle/Magdeburg – Beteiligungsgesellschaft  GbR) die TWM übertragen. Hintergrund der Übernahme der Gesellschaftsanteile war die vom Land Sachsen-Anhalt und der Treuhandanstalt angestrebte Kommunalisierung der FEO.

Die TWM hat seit 1994 die Beteiligungsrechte und -pflichten an der FEO für die anspruchs-berechtigten Gemeinden wahrgenommen.

Mittlerweile hat das BVerwG (Urteil vom 20.01.2005, Az.: 3 C 31.03) entschieden, dass der Betrieb der Fernwasserversorgung zu den Angelegenheiten der örtlichen Gemeinschaft im Sinne von Art. 28 Abs. 2 Satz 1 Grundgesetz zählt und die Geschäftsanteile den anspruchsberechtigten Gemeinden zustehen. Als Berechnungsmaßstab für den einer Gemeinde zustehenden Anspruch auf Übertragung von Geschäftsanteilen kommt nach Auffassung des BVerwG der Anteil an dem Bezug von Fernwasser in Betracht, der von der FEO an die am Fernwasserversorgungssystem angeschlossenen Gemeinden abgegeben wurde. Auf Grund der Rechtsprechung des BVerwG hat nunmehr das Bundesamt für zentrale Dienste und offene Vermögensfragen die auf die FEO gerichteten kommunalen Ansprüche insgesamt - entsprechend den Vorgaben des Gerichts - neu berechnet und beabsichtigt, die Geschäftsanteile entsprechend zu übertragen.

Nach der heutigen Rechtslage handelte die TWM bei ihrer Tätigkeit als vermeintlicher Gesellschafter. Es handelt sich rechtlich gesehen um eine sogenannte Geschäftsführung ohne Auftrag.

Im Vertrauen auf die Einbringung bzw. Belassung der FEO Gesellschaftsanteile in der Gesellschaft hat die TWM insbesondere Vermögensdispositionen getätigt bzw. einen sog. Solidarpreis gegenüber ihren Kunden kalkuliert. Die TWM rechnet gegenüber ihren Kunden - und damit mittelbar gegenüber der Gemeinde - trotz der hohen Wasserbezugskosten der FEO einen sog. Solidarpreis ab. Dieser Wasserpreis wurde durch den Fernwasserbezug von der FEO maßgeblich beeinflusst. Bei einer kostenverursachungsgerechten Wasserpreisgestaltung wäre der Wasserpreis der TWM in den anspruchsberechtigten Gemeinden erheblich höher gewesen, da der Fernwasserbezug von der FEO kostenaufwendiger als der Rückgriff auf eigene Ressourcen der TWM (Colbitzer Heide und Westfläming) ist. Die Fernwasserbezugskosten lagen in der Vergangenheit über den entsprechenden Erlösen, die die TWM aus Wasserverkäufen erzielt. Der Fernwasserbezug verteuert somit die Wasserpreise der TWM insgesamt. Wegen der "Einbringung" der FEO-Geschäftsanteile wurde bei der Preisgestaltung der TWM nicht weiter differenziert und ein einheitlicher Solidarpreis erhoben.

Eine "Heilung" der schwebend unwirksamen Übertragung der Geschäftsanteile durch eine Genehmigung der "anspruchsberechtigten Gemeinden" ist aus rechtlicher Sicht grundsätzlich möglich. Gemäß § 185 Abs. 2 BGB wird eine Verfügung, die ein Nichtberechtigter über einen Gegenstand trifft, wirksam, wenn der Berechtigte sie genehmigt. Durch die Genehmigung wird die schwebend unwirksame Verfügung nach § 184 Abs. 1 BGB rückwirkend wirksam, so dass die TWM alle o. g. Vermögensdispositionen "für eigene Rechnung" getätigt hätte und auch der einheitliche Wasserpreis gerechtfertigt wäre.

Eine Genehmigung kann durch die anspruchsberechtigten Gemeinden einseitig und ohne Mitwirkung der TWM erteilt werden.

Mit Erteilung der Genehmigung könnte beim Bundesamt für zentrale Dienste und offene Vermögensfragen ein Antrag auf direkte Übertragung der Geschäftsanteile auf die TWM gestellt werden.

Für diese Vorgehensweise sprechen neben Gründen der Rechtssicherheit auch folgende Vorteile:

-          Der ursprünglich gewollte Rechtszustand würde hergestellt werden.

-          Erfüllung der Einbringungsverpflichtung der Gesellschafter.

-          Keine Zersplitterung der Anteile an eine Vielzahl von Gesellschaftern, was die Handlungsfähigkeit der FEO beinträchtigen könnte (andernfalls wären insgesamt 8,365 Prozent Anteile auf 15 Gemeinden in Tranchen zwischen 0,005 und 3,003 Prozent aufzuteilen).

-          Ermöglichung der gebündelten Wahrnehmung kommunaler Interessen.

-          Eine Belassung der FEO Geschäftsanteile in der TWM entspricht letztlich dem Kommunalisierungsgedanken. Die TWM ist ein kommunales Unternehmen, mit kommunalen Anteilseignern.

-          Die TWM verfügt über Sachkunde im Bereich der Wasserwirtschaft.

-          Der solidarisch erhobene einheitliche Wasserpreis der TWM hat weiter Bestand.

 

Die Umsetzung des Beschlussvorschlags wird vom Städte- und Gemeindebund Sachsen-Anhalt empfohlen.

Der Beschlusstext und -inhalt wurde der Kommunalaufsicht angezeigt.

 

 

Gaffert

Oberbürgermeister

 

Anlage zum Beschluss

 

Genehmigung der Übertragungsakte / Ermächtigung zur Übernahme von Geschäftsanteilen
an der Fernwasserversorgung Elbaue Ostharz GmbH

 

Der Stadt Wernigerode werden nach der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts vom 20.01.2005 (Az.: 3 C 31.03) Geschäftsanteile an der Fernwasserversorgung Elbaue Ostharz GmbH zugeordnet. Die Zuordnung und Übertragung erfolgt durch das Bundesamt für zentrale Dienste und offene Vermögensfragen.

 

Die Übertragung der Geschäftsanteile durch Vertrag vom 28. Juni 1994 an das Land Sachsen-Anhalt (LSA) als Treuhänder für die von der FEO versorgten Gemeinden war nach der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts vom 20.01.2005 unwirksam bzw. unter Zuordungsvorbehalt. Entsprechend war die weitere Anteilsübertragung durch das Land Sachsen-Anhalt an die "Fernwasser Halle/Magdeburg - Beteiligungsgesellschaft " (GbR) unwirksam.

 

Die Trinkwasserversorgung Magdeburg GmbH (TWM) war Gesellschafter der GbR und wurde als Repräsentant der anspruchsberechtigten Gemeinden angesehen. Sie hat seit 1994 (teilweise mittelbar über die GbR) die Beteiligungsrechte und -pflichten an der FEO wahrgenommen. Gemeinde und TWM sind sich einig, dass der ursprünglich angestrebte und seit 1994 praktizierte Zustand auch nach der Entscheidung des BVerwG rechtlich Bestand haben soll.

 

Die bisher unwirksamen Vermögensverfügungen an den FEO Geschäftsanteilen werden von der Gemeinde daher rückwirkend genehmigt und die TWM ermächtigt, die Geschäftsanteile an der FEO, die nach der Entscheidung des BVerwG der Gemeinde zugeordnet werden, unmittelbar vom Bundesamt für zentrale Dienste und offene Vermögensfragen zu übernehmen bzw. übertragen zu bekommen.

 

 

 

Gaffert

Oberbürgermeister           

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