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26.10.2017

Austausch zum Klimaschutz: Wernigerode und Hoi An in Vietnam konkretisieren gemeinsames Handlungsprogramm

Im Rahmen einer geförderten kommunalen Klimapartnerschaft arbeiten die Städte Wernigerode und Hoi An in Vietnam inzwischen seit über einem Jahr an einem gemeinsamen Handlungsprogramm zu Klimaschutz und Anpassung an den Klimawandel. Vor kurzem reiste eine Wernigeröder Delegation in die Partnerstadt nach Vietnam.

Gemächlich und leiste schnurrt das kompakte grüne Elektrofahrzeug durch Hoi An in Vietnam und bringt eine kleine Wernigeröder Delegation zu verschiedenen Standorten, die im Austausch der Städte zum Thema Klimaschutz und -anpassung besucht werden. 30 Elektromobile sind gerade für den innerstädtischen touristischen Transport in der Testphase. Die Insassen: Cary Barner als Vertreterin der Wernigeröder Stadtrats, Katrin Anders, Koordinatorin des Projekts Klimapartnerschaft aus dem Büro des Oberbürgermeisters, Ulrich Eichler als Energie- und Umweltbeauftragter der Stadt und Huong Trute vom Wernigeröder Interkulturellen Netzwerk. Sie werden begleitet von Tran Van Nhan, Nguyen Dinh Hund und Nguyen Thanh Son aus der Stadtverwaltung Hoi Ans. Drei bilaterale Treffen werden mit Projektmitteln des Bundesministeriums für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung ermöglicht. Ziel ist die Erarbeitung eines gemeinsamen Handlungsprogramms. Nach einem Treffen in Wernigerode im Juli fand nun der dritte Arbeitsaustausch in Hoi An statt.

Stadträtin Cary Barner nahm zum ersten Mal am Arbeitsprogramm teil. Sie setzt sich insbesondere für die Einbindung und den Austausch von Schülerinnen und Schülern ein. Mit im Gepäck hatte sie eine Interessenbekundung des Gerhard-Hauptmann-Gymnasiums. "Die Schule hat großes Interesse, sich in die Städte- und Klimapartnerschaft mit einzubringen", berichtet die ehemalige Leiterin des Stadtelternbeirats. "Als Auftakt wäre ein gemeinsamer Malwettbewerb zur Stadt der Zukunft denkbar." Und so stand der Besuch einer Sekundarschule in Hoi An auf dem Programm. Im Kollegium vor Ort stieß sie auf offene Ohren und Türen. "Ich bin gespannt, wie sich das weiterentwickelt", so Barner.

Bürgerreise aus Wernigerode weilte zeitgleich in Hoi An

Im Juli diesen Jahres hatte eine kleine Delegation aus Hoi An Wernigerode besucht. Neben der Erarbeitung der Grundlagen des Handlungsprogramms standen unter anderem Exkursionen zu Abfallwirtschaft und erneuerbaren Energien auf der Tagesordnung. Die Wernigeröder staunten, wie schnell die Vietnamesen Anregungen mitnahmen und in Vietnam Projekte vorantreiben. So will die Stadt nun eine Müllabfuhr nach deutschem Vorbild organisieren. Sie geht jedoch sogar noch einen Schritt weiter. Im Beisein der Wernigeröder verabredete das dortige Stadtoberhaupt Nguyen Van Dung mit seinem Stadtwerkechef eine Müllentsorgung mit Elektrofahrzeugen.
Exkursionsziele waren Aufforstungsflächen an den Ufern des Flussdeltas, die als Biosphärengebiet anerkannten vorgelagerten Inseln Cu Lao Cham, die örtliche Kläranlage sowie ein touristisches Projekt zum Anbau von Biogemüse, bei welchem mitgegärtnert werden konnte. Dort traf die Delegation eine Gruppe reisender Bürgerinnen und Bürger aus Wernigerode, die trotz der tropischen Temperaturen kräftig Hand anlegten. Die beiden Gruppen trafen sich auch anlässlich eines musikalisch-unterhaltsamen Bürgerbegegnungsabends. Stadtratspräsident Uwe-Friedrich Albrecht, der an der Bürgerreise teilnahm, sprach Grußworte im Namen der Stadt Wernigerode und warb dafür, beim Thema Wirtschaft intensiver zusammenzuarbeiten.

Ergebnisse aus dem Treffen im Juli in Wernigerode werden weiter bearbeitet

Intensiv arbeiteten die Partner an der Weiterentwicklung des gemeinsamen Handlungsprogramms. "Trotz der Sprachbarriere - teilweise übersetzten wir in drei Schritten vom Vietnamesischen über das Englische in Deutsche - haben wir gute Ergebnisse erzielt", berichtet Katrin Anders. "Das gegenseitige Verständnis wird immer größer, die Arbeitsatmosphäre vertrauter. Wir sind beeindruckt vom Engagement der vietnamesischen Kollegen im Kontext des Klimawandels." Die Kernthemen des gemeinsamen Handlungsprogramms sind Umstellung auf erneuerbare Energien/Energieeffizienz, Abfallbeseitigung und Abfallverringerung, Umwelt- und Bewusstseinsbildung und nachhaltiger Tourismus. Hierzu wurden mögliche Maßnahmen entwickelt, beispielsweise der Austausch von Expertise zum Thema Abfallwirtschaft. Ein konkretes Projekt ist bereits in der Umsetzung. Auf dem Dach der Tourismusorganisation wird im Rahmen eines gemeinsamen, mit Bundesmitteln geförderten Projekts eine Photovoltaikanlage installiert, um die als UNESCO-Weltkulturerbe anerkannte Altstadt mit Strom zu versorgen. Hierzu wurden viele organisatorische Details beraten. "Wenn alles klappt, kann die Anlage im Februar in Betrieb gehen", freut sich Ulrich Eichler. Andere Projekte sind deutlich niederschwelliger, wie etwa ein Stoffbeutel, der für den Verzicht auf Plastiktüten werben und zweisprachig auf die Klimapartnerschaft hinweisen soll.
Das Handlungsprogramm wird im Frühjahr in Berlin im Rahmen eines internationalen Abschlussworkshops mit allen teilnehmenden Kommunen aus Deutschland und Südostasien präsentiert.

Hochwassererfahrungen in beiden Städten

Kurz vor der Reise gingen Meldungen über schwere Unwetter in Vietnam auch in Deutschland durch die Presse. Zwischen dem 10. und 14. Oktober wurden über 70 Menschen getötet, als ungewöhnlich starke und lange anhaltende Niederschläge vor allem im Norden und der Mitte Vietnams zu schweren Überschwemmungen und Erdrutschen führten. Südostasien ist die weltweit am stärksten durch den Klimawandel betroffene Region. Die Partnerstadt Hoi An ist diesmal glücklicherweise verschont geblieben. Der als UNESCO-Weltkulturerbe anerkannten Altstadt drohen jedoch immer häufiger Überschwemmungen. Besonders drastisch ist die Situation, wenn Starkregen und Taifun zusammen kommen. Das Flussdelta ist schon deutlich breiter geworden, der Strand hingegen immer kleiner.
Während des Julihochwassers in Wernigerode war die vietnamesische Delegation gerade zu Besuch in der bunten Stadt am Harz. Eine Situation, die in Hoi An deutlich häufiger vorkommt. Die Küstenstadt, die fast vollständig vom Tourismus lebt, führt deshalb bereits zahlreiche Projekt zu Klimaschutz und -anpassung durch.