Frau Leo gibt Ausführungen und allgemeine Hinweise zur Beschlussvorlage.
Frau Angelov bezieht sich auf die Kritik von Herrn Boks im Finanzausschuss, dass die Personalausgaben für Erzieher immer noch 37 % des Haushaltes ausmachen und fragt, ob die Stadt Wernigerode im Vergleich zu anderen Kommunen mehr Erzieher hat und ob ggf. dort gespart werden müssen könnte.
Herr Dorff antwortet, zur Wahrheit gehöre dazu, dass die Kinderzahlen leider weiter sinken, und dass es so, wie es ist, nicht bleiben kann. Die Schließung der Kinderkrippe „Am Auerhahn“ ist ein erster Schritt der Konsolidierung. Es ist im Finanzausschuss diskutiert worden, ob die Stadt sich nicht zu viel Personal im Kita-Bereich leistet. Die Wahrnehmung der Eltern und der Erzieher ist eine ganz andere. Die Stadt muss zudem immer wieder die Öffnungszeiten einschränken, da nicht genug Personal vorhanden ist. Trotzdem wird bereits eine Reduzierung um rund 10 Erzieherstellen im Jahr 2025 vorgeschlagen, was einen 6-stelligen Betrag bedeutet. Was die Stadträte hier festlegen, ist eine Obergrenze, z.B., im nächsten Jahr sind z.B. 174 Erzieherstellen geplant, aber schon jetzt sind nur 166 besetzt. Die Ist-Besetzung liegt derzeit bedarfsgerecht noch einmal 8 Stellen darunter. Herr Dorff wirbt um Zustimmung zum Vorschlag der Stadtverwaltung unter dem Aspekt, dass es noch einen Puffer von potenziellen Entwicklungen gibt, dieser jedoch notwendig ist im Fall einer Krankheitswelle, von Gesetzesänderungen z.B. betreffs des Ganztagsbetreuungsanspruches für Schulen oder bei der Bereitstellung von Bundesmitteln. Zum Bespiel wurde die Geschwisterermäßigung aus Bundesmitteln gezahlt, was ab 2026 nicht mehr erlaubt ist und ggf. aus Landesmitteln finanziert werden muss. Es ist nicht ausgeschlossen, dass in Zukunft die Bundesmittel zur Verbesserung des Betreuungsschlüssels eingesetzt werden, wodurch die Stadt plötzlich wieder einen großen Personalbedarf hätte. Er bittet die Stadträte um Unterstützung, hier flexibel bleiben zu können, immer mit der Zusage, dass die Stadt nur entsprechend des Bedarfs neu einstellt. Herr Dorff sagt, es könnte auch mit Sperrvermerken gearbeitet werden. Aber er warnt davor, zu viele Stellen jetzt zu streichen, sonst müsste eine Nachtragshaushaltssatzung erarbeitet werden, mit Diskussionen, mit Veröffentlichungen, was sehr viel Zeit in Anspruch nehmen würde. Herr Dorff bittet die Stadträte, den Vorschlägen der Verwaltung zu folgen.
Frau Köhler ergänzt, dass in dem Mindestbetreuungsschlüssel bestimmte Aspekte keine Berücksichtigung finden, und die Stadt Wernigerode einen sehr hohen qualitativen Standard in den Kindertageseinrichtungen hat. Diese Parameter setzt die Stadt Wernigerode explizit in ihren Kitas um, und diese sind auch mit einem gewissen Zeitfaktor verbunden. Aber durch diese geschaffenen Qualitätsstandards ist Wernigerode in Sachsen-Anhalt zu einem Aushängeschild geworden.
Herr Dorff bezieht sich auf die Diskussion bzw. kritische Hinterfragung des multiprofessionellen Teams durch den Finanzausschuss. Er erläutert hierzu, es gibt Kinder aus dreizehn verschiedenen Nationen in der Kita Harzblick, im Stadtfeld ist es ähnlich. In den Kitas der Stadt Wernigerode werden Migrantenkinder betreut, die z.T. sehr schlimme Erfahrungen machen mussten, und auch viele deutsche, schwierige Kinder. Hier sind Fachkräfte erforderlich, die den vorhandenen Erzieherinnen und Erziehern beratend zur Seite stehen, denn die Grundlagen der Entwicklung eines Kindes werden in den jungen Jahren gelegt. So hängt von einer professionellen Betreuung auch die Entwicklung der nachwachsenden Generation ab, und an dieser Stelle sollte nicht gespart werden. Hier sollten lieber die 10 Erzieherstellen diskutiert werden anstelle der 2 Stellen des multiprofessionellen Teams, die solche speziellen Fälle in den insgesamt sechzehn Kindertageseinrichtungen betreuen.
Frau Walter sagt, ihr ist in der Tabelle bei TOP 7 Seite 4 - Kindereinrichtungen Stadt Wernigerode und freie Träger - aufgefallen, dass bei den Kindereinrichtungen, die die Stadt betreut, die Kinderzahlen fallen, während bei den Kitas, die von freien Trägern betreut werden, die Kinderzahlen steigen.
Herr Dorff sagt, dies lässt sich erklären, da mit der Kita „Altes Forsthaus“ eine neue Kita hinzugekommen ist, die von der Lebenshilfe Quedlinburg betreut wird. Gleichzeitig wurden Kapazitätsüberschreitungen, die die Stadt hatte, als das „Alte Forsthaus“ ins Leben gerufen wurde, bei den städtischen Einrichtungen abgebaut.
Frau Walter schlussfolgert, dass man dadurch ja dann auch Erzieherinnen spart.
Herr Dorff bestätigt dies.
Frau Walter fragt, ob dies so gewollt sei, dass die Kapazitäten an freie Träger abgegeben werden.
Herr Dorff erläutert, dass zu diesem Zeitpunkt ein Bedarf ermittelt wurde und es zwei Möglichkeiten gab – eine eigene städtische Einrichtung zu gründen, oder dies an einen Partner / freien Träger zu übertragen, wodurch die Vielfalt an Angeboten in Wernigerode, zwischen denen Eltern wählen können, erhöht wurde. Es gibt ganz viele verschiedene Konzepte in den Wernigeröder Kitas, er nennt den Christuskindergarten, den Waldorfkindergarten, den Naturkindergarten oder die Kita Musikus als Beispiele.
Frau Walter fragt, also geht die Entwicklung dahin, dass Kindererziehung eher in freie Trägerschaft gegeben wird.
Herr Dorff antwortet, das stimmt so nicht.
Frau Angelov sagt, es gab die Betriebserlaubnis, die nicht zurückgenommen werden kann.
Herr Dorff nennt das Beispiel Magdeburg, hier sind alle Kitas in freie Trägerschaft gegeben worden, um vordergründig Lohnkosten und Personal einzusparen. Jedoch bezahlt die Stadt am Ende durch das Defizit doch alles und mehr als vorher, was nicht in deren Stellenplan steht. Er denkt, dass sich dagegen das Konzept der Stadt Wernigerode, in der es einen bunten Mix vieler verschiedener Kitas in freier Trägerschaft sowie viele verschiedene städtische Kitas gibt, sehr bewährt hat.
Frau Walter sagt, es seien noch keine bedenklichen Differenzen, aber die Tendenz sei schon erkennbar. Hier sollte man die nächsten Jahre noch einmal schauen, sicher hätten freie Träger viele Vorteile, es gäbe ja inzwischen sehr viele Möglichkeiten, Kinder zu erziehen. Wenn das gewollt sei, wäre das ein Einsparungspotential, das sie beunruhigt.
Herr Dorff sagt mit Hinweis auf die Tabelle, bei den freien Trägern sinken die Zahlen, auch hier werde ein Kinder-Rückgang verzeichnet. So werde auch eine Folge der Schließung der Kinderkrippe „Auerhahn“ sein, dass teilweise Eltern ihre Kinder in Einrichtungen in freier Trägerschaft geben, was wieder dort die Auslastung erhöhe, was wiederum dazu führe, dass die Stadt ein geringeres Defizit hat.
Frau Angelov fragt, ob es aktuelle Geburtenzahlen gibt von 2024.
Frau Köhler antwortet, die Geburtenzahl beträgt 162.
Frau Angelov fragt, ob es auch Zuzüge gibt.
Frau Köhler antwortet, dass sie hierzu keine genauen Informationen hat.
Frau Barner fragt, ob es eine Auskunft über Sterbefälle gibt.
Frau Köhler verneint dies.
Herr Dorff berichtet, dass die Einwohnerzahl in Wernigerode gestiegen ist, jedoch leider nicht im Kita-Bereich, sondern im Elternbereich. Wernigerode liegt somit über dem Durchschnitt.
Herr Winkelmann berichtet aus dem Bauausschuss, dass es für die nächsten Jahr drei finanzierte Baustellen in Wernigerode gibt. Alle Baustellen sind mit Krediten unterlegt. Die Stadt Wernigerode nimmt Kredite in Höhe von 10 Mio. € auf und wird 2027/28 ca. 800.000 € Zinsen bezahlen, was ca. 1 % des gesamten Haushalts ausmacht. Da der Kita-Bereich sehr kostenintensiv ist, bittet er, auch hier einzusparen, wo es möglich ist.
Herr Kascha schließt sich der Bitte von Herrn Winkelmann an. Er hat dies auch in der soeben stattgefundenen Kita-Versammlung so gesagt mit Blick auf die getroffene Entscheidung zur Kinderkrippe „Am Auerhahn“. Die Betrachtung der Kinderzahlen mit Blick auf andere Einrichtungen ist nicht abgeschlossen, es wäre unseriös, das zu behaupten und den Kolleginnen und Kollegen zu suggerieren, dass es an dieser Stelle ein Ende gäbe. Es ist in den nächsten Jahren an der Stadt zu schauen, wie sich die Zahlen entwickeln, die aktuell nicht steigend aussehen.
Frau Barner sagt, es ist aber immer auch zu unterscheiden, ob es sich um freiwillige oder Pflichtaufgaben handelt. Beim Kita-Bereich handelt es sich um eine große Pflichtaufgabe.
Frau Kirsche führt zu der Arbeit des multiprofessionellen Teams aus, dass die bisherigen Erfahrungen aus den Einrichtungen Harzblick und „Pusteblume“ zeigen, dass der Mehraufwand in multikulturellen Kitas besonders hoch ist. Das multiprofessionelle Team soll daher systematisch in die Verwaltung integriert werden, um flächendeckend Unterstützung zu bieten. Das Team soll in der Verwaltung angedockt werden und für alle Einrichtungen zur Verfügung stehen. Es bietet gezielt Unterstützung für Kitas, in denen Kinder mit besonderem Förderbedarf betreut werden. Das Team führt regelmäßige Beratungsgespräche durch, um den spezifischen Unterstützungsbedarf der Einrichtungen zu ermitteln und entsprechende Maßnahmen zu entwickeln. Aufgrund der multikulturellen Zusammensetzung mehrerer Kitas ist die Sprachförderung eine zentrale Aufgabe. Das Team unterstützt das pädagogische Personal in den Einrichtungen dabei, sprachliche Barrieren zu überwinden und eine bessere Verständigung mit Kindern und Eltern zu ermöglichen und hilft, individuelle Fördermaßnahmen für Kinder mit Entwicklungsverzögerungen oder anderen besonderen Bedürfnissen zu entwickeln und umzusetzen. Da der Mehraufwand durch die Betreuung von Kindern aus verschiedenen Kulturen sowie von Kindern mit erhöhtem Förderbedarf steigt, unterstützt das Team das pädagogische Personal in allen Einrichtungen.
Frau Angelov fragt, ob es sich bei den zwei geplanten Stellen für das multiprofessionelle Team um Heilpädagogen handelt.
Frau Kirsche antwortet, es könnten z.B. Heilpädagogen sein, wünschenswert wären auch Psychologen.
Frau Köhler ergänzt, es geht um die Kompetenzerweiterung, um den Erzieherinnen noch einmal eine andere Fachlichkeit mit an die Hand zu geben. Oftmals ist es ja auch ein Ausprobieren von mehreren Methoden, wie man an ein Kind herankommen kann und wie man es gut in die Gruppe integrieren kann. Die einzelnen Integrationsplätze, die in den Kitas vorhanden sind, reichen nicht aus. Einige Kinder benötigen auch eine 1:1-Betreuung, d.h. hier wird für 1 Kind 1 gesamte Personalstelle benötigt, da der Betreuungs- und Förderbedarf dieser Kinder so hoch ist. Dies wird anteilig auch entsprechend gefördert durch die entsprechenden Sozialleistungsstellen. Aber die Arbeit des multiprofessionellen Teams umfasst alle Kinder, die eine gewisse Verhaltensauffälligkeit an den Tag legen.
Frau Kirsche ergänzt, Ziele sind, das Personal im Bestand zu entlasten und den Krankenstand zu senken.
Frau Barner fragt, wie dies umgesetzt werden soll bzw. wie das multiprofessionelle Team eingesetzt werden soll.
Frau Köhler antwortet, die MA sollen nicht in den Kitas eingesetzt werden, sondern bei der SGL Kindertageseinrichtungen angesiedelt werden, um von dort aus die Bedarfe der einzelnen Kitas zu koordinieren und die Kinder und Eltern zu begleiten und im Blick zu behalten. Eltern sollen z.B. sensibilisiert werden, Diagnosen umzusetzen.
Herr Reichel, sagt, er erinnert sich, dass es das 2012 schon einmal gab, und fragt, ob dies nicht in Wernigerode flächendeckend installiert wurde, auch mit diesem Rotationsprinzip und Blick von oben darauf. Er fragt, ob dies nicht vom Land gefördert wurde.
Frau Köhler bestätigt, dass mit dem „Gute-Kita-Gesetz“ eine Idee in den Raum gestellt worden ist, wo man landkreisseitig Ideen gesammelt hat. Als Endergebnis wurden die Resilienzfachkräfte eingeführt.
Herr Reichel fragt, ob dabei MA explizit weitergebildet wurden.
Frau Köhler bestätigt dies.
Frau Barner ergänzt, dass dies Erzieher in den Einrichtungen waren, nicht so herausgelöst wie jetzt.
Die Ausschussmitglieder stimmen der Beschlussvorlage 122/2024 zu.