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06.09.2022

Aktuelles im Harzmuseum

Künstler unter sich
© Alexandra Runschke
Korvin Reich (Künstler) wird unterstütrzt durch Annette Grundmeier (Kunsthistorikerin) und Andrea Jäger (Museumspädagogin) vom Harzmuseum. © Alexandra Runschke

In Vorbereitung auf das Kunst-Projekt „Zukunft skizzieren“ zum KulturKlint am 9.9.2022 sprach die Kunsthistorikerin Annette Grundmeier für das Harzmuseum Wernigerode mit dem Künstler Korvin Reich.

AG: Der diesjährige KulturKlint steht unter dem Motto „Zeitreise“. Das Harzmuseum konnte dich für eine Kunst-Aktion zum Thema Zukunft gewinnen. Wohin geht die Reise mit dem Künstler Korvin Reich?
KR: Die Reise beginnt vor dem Harzmuseum mit einem Würfel. Der Würfel als Gegenstand ist ein Sinnbild für Zukunft: im Konkreten, beim einzelnen Wurf steht er für Nicht-Vorhersagbares, in der Menge – also in der Summe vieler Vorgänge – ergibt sich statistisch Kalkulierbares. Auch die Assoziation Glück und Spiel liegt nahe. Eine Medaille hat zwei Seiten, der Würfel sogar sechs. Wenn eine Seite offenliegt, befindet sich die gegenüberliegende im Verborgenen. Es bleibt immer etwas Ungewisses.

AG: Hier klingt schon deine Vorliebe für Sprachbilder und Wortspiele mit. In deiner Kunst beschäftigst du dich mit Malerei, Zeichnung und Lyrik. In welchem Zusammenhang steht diese Aktion mit deiner künstlerischen Arbeit?
KR: Zeichnungen, Zeichen und Schrift sind für mich gleichwertig. Sie stehen bildnerisch und thematisch auf einer Ebene. Daraus ergeben sich neue, oft überraschende Blickpunkte. Zu meiner künstlerischen Arbeitsweise gehört unter anderem, Papier in Serien zu be-schreiben und zu be-zeichnen. Auch, daraus Objekte zu bilden.

AG: Wie kann das in einer gemeinschaftlichen Kunstaktion umgesetzt werden? Was passiert da?
KR: Alle, die mitmachen möchten, können einen eigenen Würfel bezeichnen und beschriften. Darüber hinaus soll ein großer "Gemeinschaftswürfel" gestaltet werden. Details aus dem „persönlichen Würfel“ tauchen also noch einmal auf dem großen Würfel auf. Die Zukunft besteht eben nicht nur aus individuellen Entwürfen, sondern setzt sich aus vielen einzelnen zusammen.

AG: Bei den eigenen Zukunftsentwürfen kommt es ja vor, dass sie sich mit denen anderer überschneiden, ergänzen oder sogar einander aufheben. Auch der Zufall spielt da oft eine Rolle.
KR: Genau. Eigene Zukunftsentwürfe können entstehen, Hoffnungen und Ängste benannt oder gebannt, Mögliches konkretisiert werden. Welche Seiten der Würfel in diesem Fall zeigt, dafür ist eigenes Denken und Handeln verantwortlich. Doch es bleibt immer ein Moment des Unwägbaren. Es kommt zu Interaktionen. Die eigene Zukunft wird natürlich immer als die eigene erlebt und begriffen. Im Idealfall schafft man gemeinsam eine bessere.

AG: Rund um den KulturKlint gibt es viele Angebote für Familien und Kinder. Bei dir können aber gerne auch mal die Erwachsenen kreativ werden. Wer kann mitmachen? Welche Vorkenntnisse sind erforderlich?
KR: Alle können mitmachen, Vorkenntnisse sind nicht erforderlich. Es ist ausdrücklich erwünscht, den eigenen Gedanken, Bildern und Worten freien Lauf zu lassen.

AG: Angekündigt ist eine Zeitreise in die Zukunft. Die Aktion findet am Freitag von 15:30 bis 18 Uhr statt. Endet die Zukunft hier? Wird sie von der Gegenwart also doch recht kurzfristig eingeholt? Oder als Vergangenheit in der Skulptur eingefroren und festgehalten? Aber der Titel „Zukunft skizzieren“ trägt auch das Unvollendete in sich. Was wird aus den Zukunftswürfeln?
KR: Das Objekt, das aus dem großen Gemeinschaftswürfel und den kleineren persönlichen Würfeln besteht, wird im Innenhof zwischen Museum und Stadtarchiv für die Öffentlichkeit sichtbar aufgestellt, fragil und leicht wie es ist Wind und Wetter ausgesetzt. Der Wind würfelt mit.
Die Zukunftsentwürfe(l) werden über einen Zeitraum hinweg ihrem natürlichen Verfall überlassen, die Auflösung des im Material Fixierten sichtbar gemacht. Die Materie vergeht nach ihren eigenen Gesetzen, Ideen folgen anderen, beides ist im ständigen Wandel begriffen. Die Vergänglichkeit ist das Dilemma der Welt. Auch das gemeinsam Gestaltete, Gebaute erlebt eine Phase des Aufbaus, des Bestehens und Vergehens. Veränderung ist Teil des Projekts.

AG: Lieber Korvin, ich danke dir für das Gespräch und für diesen interessanten Blick in die Zukunft. Für das Projekt wünsche ich dir und uns viele Mitwirkende und spannende Beiträge.